"Hyperaktive Kinder"
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden für Kinder weniger als 10% der täglichen Energiezufuhr in Form von freiem Zucker empfohlen, das entspricht einer Menge von ca. 35 g bzw. 9 Stück Zuckerwürfel pro Tag. Die Realität sieht leider anders aus, denn neben den offensichtlichen Zuckerfallen gibt es auch zahlreiche versteckte, bei denen man den hohen Zuckergehalt nicht auf den ersten Blick erwarten würde. Ein Müsli zum Frühstück, ein Fruchtjoghurt für Zwischendurch oder ein Schinken-Käse Toast mit reichlich Ketchup am Abend, all das essen die meisten Kinder gerne. Doch diese Lebensmittel haben eines gemeinsam, in ihnen steckt viel zugesetzter Zucker. Es kommt zu einer Berg- und Talfahrt des Zucker- und Insulinspiegels, sowie das Risiko für Karies und Übergewicht steigen. Wir gehen der Frage nach, wie sich der überschüssige Zucker auf das Verhalten, die Aktivität und die Konzentration unserer Kinder auswirkt?
Stimmt's: Kinder + Zucker = aufgedreht
Spätestens nach einer Kindergeburtstagsfeier stellen sich viele Eltern die Frage, ob Zucker die Hyperaktivität ihrer Kinder fördert. Tatsächlich handelt es sich um einen jahrzehntelangen Mythos bzw. eine "Halbwahrheit", denn wissenschaftliche Belege dazu fehlen. Zucker ist lediglich ein schneller und effektiver Energielieferant für den Körper. Das heißt Kinder werden durch Zucker per se nicht aufgedreht, sondern sie haben lediglich eine kurzfristige Energiereserve mehr zur Verfügung. Ob die überschießende Energie zum Schreien, Toben und Unsinn machen oder produktiv beim Sport genutzt wird, hängt auch von der individuellen Persönlichkeit der Kinder oder gewissen Erziehungsfaktoren ab. Belegt ist, zu viel Zucker ist ungesund, fördert das Kariesrisiko, lässt den Blutzuckerspiel rasant steigen, führt zur Gewichtszunahme und sollte daher auf unserem Speiseplan weitestgehend reduziert werden.
Wissenschaftlich belegt: Zucker als Trigger
Derzeit gibt es keine seriöse Studie, die eindeutig belegt, dass Zucker hyperaktiv macht. Doch warum unterscheiden sich die wissenschaftlichen Ergebnisse von der persönlichen Erfahrung vieler Eltern?
Eine Studie stellte fest, dass die Erwartungshaltung hierbei eine große Rolle spielt. Dabei wurden Kinder im Alter von 5-7 Jahren in zwei Gruppen eingeteilt. Den Müttern erzählte man, eine Gruppe erhalte zuckerhaltige Süßigkeiten, hingegen die andere zuckerfreie Snacks. Tatsächlich bekamen alle Kinder keinerlei Zucker. Doch jene Mütter, die annahmen, dass ihre Kinder Süßigkeiten gegessen hatten, beurteilten das Verhalten später als hyperaktiv und auffällig.
Die verzerrte Wahrnehmung der Eltern könnte auf soziale Faktoren beim Naschen zurückzuführen sein. Süßes gibt es häufig als Belohnung nach dem Stillstitzen in der Schule, infolge einer guten Schularbeit oder zu besonderen Anlässen wie Feiertagen und Geburtstagen. Bei diesen Zusammentreffen mit anderen Kindern ist es aber durchaus typisch, dass Kinder aufgedrehter sind als sonst.
Aus Zucker wird Energie?
Zucker ist ein Nahrungs- und ein Genussmittel zugleich und gehört zur Gruppe der einfachen Kohlenhydrate wie auch Weißmehlprodukte, Fruchtsäfte und Süßigkeiten. Diese Lebensmittel führen in der Regel zu einem sehr raschen Blutzucker- und Insulinanstieg. Sie liefern schnell Energie, jedoch ist das nur auf eine kurze Dauer begrenzt, danach sinkt die Leistungskurve auf ein Niveau unterhalb des Ausgangswerts. Besser gesagt nach dem Zuckerhoch, folgt sehr rasch ein Leistungstief. Wir alle haben diesen Zustand bei uns oder unseren Kindern bereits beobachtet, man fühlt sich ausgelaugt, unkonzentriert, abgelenkt, ungeduldig und auch die Stimmung leidet darunter.
Um einem Leistungs- und Konzentrationstief vorzugbeugen sollte man daher zu Alternativen wie Nüssen, Obst, dunkler Schokolade oder einem Naturjoghurt mit ein wenig Marmelade greifen. Um in Zukunft typische Zuckerfallen zu vermeiden, haben wir weiter unten im Beitrag einige für euch aufgedeckt. Neben den bekannten gibt es auch viele Produkte, bei denen man den hohen Zuckergehalt nicht auf den ersten Blick vermuten würde.
Vollkorn, Vollwert: Mehrwert
Komplexe Kohlenhydrate gelten als die „guten“, dazu zählen vor allem Gemüse, Vollkornprodukte, Naturreis, Haferflocken oder Quinoa. Die Kohlenhydrate sind hier in Form von Stärke vorhanden und ummantelt von wertvollen Ballaststoffen. Die unverdaulichen Pflanzenbestandteile dienen als wichtige Nahrung für unsere Darmbakterien und halten den Magen-Darm-Trakt in Bewegung. Aufgrund der komplexen und aufwendigen Verdauungsprozesse steigen Blutzucker- und Insulinspiegel nur langsam an. Das fördert die körperliche Leistungsfähigkeit und wirkt Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten entgegen. Zusätzlich zum hohen Ballaststoffanteil sind vollwertige Kohlenhydrate auch reich an Vitaminen, Mineralstoffen und pflanzlichem Eiweiß. Um die gut gemeinten Ratschläge nun auch in die Tat umzusetzen haben wir ein Rezept für Gemüse-Vollkorn-Muffins für euch. Diese schmecken nicht nur lecker, sondern sind auch gesund und praktisch zum Mitnehmen als Schuljause. Wir wünschen viel Freude beim Nachkochen.
Zuckerfallen aufgedeckt!
Kochen für und mit Kindern: Leckere und gesunde Gemüse-Muffins
Zutaten für 12 Stück Gemüse-Muffins
Gemüse (1 mittelgroße Zucchini, 1 roter Paprika, 2 große Karotten)
1 Zwiebel
1 EL Olivenöl
150 g Magertopfen
2 Eier
100 g geriebener Emmentaler
75 g glattes Mehl
75 g Vollkornmehl
2 TL Backpulver
Salz, Pfeffer, Kräuter
125 ml Milch oder Wasser
Zubereitung:
- Zucchini und Karotten fein raspeln. Paprika und Zwiebel in kleine Würfel schneiden.
- Gemüse anschließend mit Olivenöl in einer beschichteten Pfanne leicht andünsten.
- Käse, Topfen und Eier verrühren. Mehl, Gewürze und Backpulver vermischen.
- Abwechselnd die Mehlmischung mit der Flüssigkeit unter den Teig rühren.
- Zum Schluss das abgekühlte Gemüse mit einem Kochlöffel unterheben.
- Den Teig in die Muffin Formen füllen und bei 160 °C Heißluft für ca. 25 min backen.
Quellen
- Ernst JB, Arens-Azevêdo U, Bitzer B, Bosy-Westphal A, de Zwaan M, Egert S, Fritsche A, Gerlach S, Hauner H, Heseker H, Koletzko B, Müller-Wieland D, Schulze M, Virmani K, Watzl B, Buyken AE für Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Deutsche Diabetes Gesellschaft und Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Quantitative Empfehlung zur Zuckerzufuhr in Deutschland. Bonn, 2018
- Biesalski HK, Grimm P. Taschenatlas Ernährung. Elsevier Urban & Partner; 2012.
- Elmadfa I, Aign W, Muskat E, Fritzsche D. Die große GU Nährwert Kalorien Tabelle. Neuausgabe 2018/19. Gräfe und Unzer Verlag; 2017.
- Krummel DA, Seligson FH, Guthrie HA, Gans DA. Hyperactivity: Is candy causal? Crit Rev Food Sci Nutr. 1996;36(1-2):31-47. doi:10.1080/10408399609527717
- Hoover DW, Milich R. Effects of sugar ingestion expectancies on mother-child interactions. J Abnorm Child Psychol. 1994;22(4):501-515. doi:10.1007/BF02168088